Betreff
Stopp der Planungsinvestitionen für die neue Straßenbahntrasse (DIE LINKE.)
Vorlage
0783/2010
Art
Antrag (Stadtrat)

Begründung:

 

Es kann nur eine Empfehlung beschlossen werden, da die SWM nur eine stadtnahe und damit unabhängige Aktiengesellschaft ist, deren Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder keiner Weisung des Stadtrates unterliegen, wie sowohl von Rechtsanwälten als auch Gerichten in der Affäre Kohleheizkraftwerk mehrfach unterstrichen wurde. Wie der Dezernent Wolfgang Reichel am 22.04.2010 während der öffentlichen Sitzung zum Thema richtig bemerkte, gehört die Versorgung der Bevölkerung mit Nahverkehrsmitteln zur Daseinsvorsorge jeder Kommune. Deshalb fordert DIE LINKE an anderer Stelle die Rekommunalisierung der SWM.

 

Weder aus ökologischer, ökonomischer, verkehrstechnischer noch städteplanerischer Sicht ist der Bau der Straßenbahntrasse im Wert von mindestens 70 Mio. € zu rechtfertigen.

 

Neue Technologien haben den ehemals gegebenen Umweltvorteil einer strombetriebenen Straßenbahn gegenüber den dieselkraftstoffbetriebenen Bussen längst wett gemacht. Zur Herstellung verbrauchen beide Verkehrsmittel vergleichbare Ressourcenmengen. Zur Anwendung können beide Transportmittel mit erneuerbaren Energien angetrieben werden.

 

Das geplante Investitionsvolumen wird erfahrungsgemäß nicht einzuhalten sein. Dies haben unzählige Projekte in der Vergangenheit bewiesen. Das angebliche Schnäppchen, als welches das Straßenbahnprojekt wegen der knapp 50 Mio. € Bundes- und Landeszuschüsse gerne bezeichnet wird, kann nur aus Mainzer Sicht so benannt werden. Die Politik hat aber die Aufgabe mit Weitsicht und über den Mainzer Stadtrand hinaus Entscheidungen zu treffen. Die Zuschüsse, egal aus welchem Topf sie kommen, sind und bleiben Steuergelder. Deshalb ist das mutmaßliche Sonderangebot nicht geeignet als Argument für die Befürwortung eines solchen Projektes herzuhalten.

 

Darüber hinaus erscheint es äußerst unsolidarisch, wenn die SWM 22 Mio. € - die sie schließlich von Mainzer Verbraucherinnen und Verbrauchern erwirtschaftet hat - in ein neues Projekt investiert, während sie angeblich kein Geld hat, um die dringend notwendige Mehrzweckhalle am Zollhafen zu finanzieren.

 

Die Vorteile moderner Busse sind für jeden nachvollziehbar. Sie sind unabhängig von der vorgegebenen Schienenlage und damit je nach Bedarf flexibel einsetzbar. Ihre eigenständige Energieversorgung befreit sie von der Abhängigkeit des Schienenstromkreises, der zukünftig noch häufiger unterbrochen werden dürfte (prognostizierte Sturmhäufigkeiten). Busse sind den Straßenbahnen vergleichbar als niederflurig, somit barrierefrei, zu konstruieren. Der angebliche Vorteil, den das größere Fassungsvermögen einer Tram gegenüber dem Bus haben soll, kann nur für Spitzenzeiten anerkannt werden. Fahren nur 5 Fahrgäste mit, bleibt es sich gleich, wie groß das Transportmittel ist. Zur Abdeckung der Fahrgastspitzen werden schon heute einfach mehr Busse eingesetzt.

 

Die Prognosen der gegenwärtigen Tramtrassenplaner, 1,1 Millionen Fahrgäste mehr durch den Bau der knapp 10 km langen Schienenanlage befördern zu können, widersprechen den demographischen Erhebungen. Mainz wird von der Einwohnerzahl her weiter schrumpfen. Auch kann es nicht im Sinne der meisten unserer Mitmenschen sein, durch die vorzügliche Straßenbahnanbindung Immobilienwerte zu steigern. Dies hätte wieder Mieterhöhungen zur Folge.

 

Um einen wirklich attraktiven ÖPNV zu schaffen, benötigen wir nicht diese neue Straßenbahnlinie, sondern eine Erhöhung der Taktierung der bestehenden Linienfrequenzen sowie eine ständige Anpassung an neue Gegebenheiten, wie das heute schon von der MVG praktiziert wird. Durch die Einführung des Null-Tarifs lassen sich sofort und ohne große Investitionen die Fahrgastzahlen entscheidend erhöhen. Mit einem Schlag löst sich dabei das Bewohnerparkproblem. Selbst Pendler werden dieses Angebot schätzen, um dem täglichen Stau auf kostengünstige Weise zu entgehen.

 

Es können noch weitere Argumente angeführt werden, die erkennen lassen, dass der Neubau einer Straßenbahnlinie, ähnlich dem Kohleheizkraftwerk, nicht mehr zeitgemäß ist. Deshalb macht es keinen Sinn mit diesem Wissen 2,5 Mio. € Vorinvestitionen zu verpulvern.