Begründung: Mainz holt sich die Stadt zurück: In eine
sozial-ökologische Zukunft investieren!
Das Geld muss im Alltag der
Mainzer:innen ankommen! Der Stadtrat berät für 2023/2024 einen Haushalt, den
vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten hatte. Durch die gewaltigen
Gewinne der Biotechnologie kann die Landeshauptstadt nun mit größerer Freiheit
gestalten als zuvor. Dabei wird aber auch klar, dass Mainz sich nicht durch
seine schädliche Kürzungspolitik fiskalisch befreit hat. Die Spar- und
Rotstiftpolitik, die gleichermaßen von GRÜNEN, CDU, SPD und FDP propagiert
wurde, hat den Menschen in Mainz viel abverlangt. Höhere Abgaben, Steuern und
Beiträge, eine vernachlässigte Infrastruktur und Privatisierungen, die sich bis
heute als schädlich erwiesen haben. Der neue Spielraum im städtischen Haushalt
schafft nun endlich die Gelegenheit, die Stadt für die Mainzer:innen
zurückzuerobern und die Lebensqualität aller zu steigern. Dabei will das Geld
klug angelegt sein und muss daher für die drängendsten Probleme der
Stadtgesellschaft eingesetzt werden.
Wer Mainz gestalten, Wohnraum schaffen,
Umwelt schützen, Kinder unterstützen, Kultur fördern, Wirtschaft
ermöglichen und Vielfalt leben will, muss über Mainzer Grund und Boden
verfügen. Daher hat die Rekommunalisierung von Grund und Boden oberste
Priorität. Schluss mit den Zeiten, in denen wir frisch verkaufte Grundstücke
für Horrorbeträge zurückmieten mussten, um Kitas zu bauen und Geflüchtete zu
beherbergen. Es ist unklar, wie lange die Gewerbesteuereinnahmen für Mainz so
hoch bleiben werden, daher muss jetzt unverzüglich eine weitreichende
Bodenpolitik eingeplant werden. Der freie Markt hat gezeigt, dass er nicht für
erschwingliche Mieten in Mainz sorgen kann. Daher kann nur die Kommune in
Zusammenarbeit mit einer nicht-profitorientierten Wohnbau Abhilfe schaffen und
den Wohnungsmarkt zu Gunsten der Mainzer:innen formen. Auch dafür braucht
es Grundstücke, die von einer erstarkten Wohnbau bewirtschaftet werden sollen.
Doch auch Maßnahmen, die sofort für
Entlastung sorgen, werden benötigt und sind jetzt möglich. Eine weitreichende
und günstige Möglichkeit den ÖPNV zu nutzen zeigte im Sommer 2022 das
9€-Ticket. Mainz hat die Möglichkeit, diese Erfolgsgeschichte fortzuführen.
Bildung ist ein wichtiges Gut in einem
ressourcenarmen Land. Leider bekommen diejenigen, die Bildung vermitteln und
ermöglichen oftmals nicht die notwendige Anerkennung die ihnen zusteht. Die
Stadt sollte in ihre Zukunft investieren und den jüngsten Mainzer:innen einen
optimalen Start ins Leben bescheren. Dafür ist es notwendig, dass an den
Bildungseinrichtungen wie Schulen und Kitas jetzt Verhältnisse geschaffen
werden, die für ausreichende und motivierte Beschäftigte sorgen, die unsere
Kinder begleiten.
Zur Zukunft gehört ohne Zweifel auch
eine Stadtgesellschaft, die zur Begrenzung der Erderwärmung beiträgt und mit
den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen weiß. Die Herausforderungen für
unsere städtische Fauna und Flora sind in den letzten Jahren enorm gewachsen.
Die Verantwortung der Grünpflege überschreitet ihr Wachstum der letzten Jahre
um ein Vielfaches. Eine Investition in unsere Grünpflege ist eben auch eine
Investition in die Zukunft.
Mainz muss sozialer und ökologischer
wenden. Anstelle von Prestigeprojekten und unwirtschaftlicher Hamsterei
schlagen wir als LINKE Investitionen in die Zukunft der Stadt vor. Für einen
sozialökologischen Wandel.
1. Größte Priorität für den Bildungsweg der Jüngsten
Die Lage an den kommunalen Mainzer
Kitas ist hochproblematisch. Viele Kolleg:innen sind überarbeitet und leiden
unter dem erheblichen Personalmangel. Viele Krankmeldungen und Abgänge an den
Kindertagesstätten zeigen, dass die bisherige Strategie der Stadtverwaltung
nicht funktioniert. Anstelle von Kino- und Radiowerbung brauchen die
Beschäftigten echte Aufwertung. Zwar ist Bezahlung allein nicht alles, aber
auch kein zu vernachlässigender Bestandteil einer Arbeit bei der Stadt Mainz.
Hinzu kommt, dass durch attraktivere Bezahlung zusätzliche Kolleg:innen
angestellt werden können, die das Bestandspersonal, welches am Belastungslimit
arbeitet, entlasten. Darüber hinaus zahlt die Landeshauptstadt derzeit jährlich
bis zu 1.000.000 Euro Kosten an Eltern aus, die keinen Kitaplatz in Anspruch
nehmen können – meist aus Personalmangel an den Kitas. Daher soll der Beruf der
Erzieher:innen und Kinderpflegerinnen in Mainz finanziell aufgewertet werden. Die
Stadtverwaltung erhöht die Personalkosten an den Kitas um jährlich 3.500.000
Euro, um eine Höhergruppierung der Erzieher:innen in die Entgeltstufe 8b
und für die Kinderpfleger:innen in die Entgeltgruppe 4 zu ermöglichen.
2. Flächendeckende Schulsozialarbeit
Dass Schulsozialarbeit zu einem
wichtigen Bestandteil des schulischen Alltags geworden ist, wird kaum noch von
jemandem bestritten. Doch können noch lange nicht alle Schulen auf
Schulsozialarbeit bauen. Eine flächendeckende und dauerhaft sichergestellte
Schulsozialarbeit ist über die bisherigen Wege nicht möglich. Obwohl
Schulsozialarbeit immer wichtiger wird, findet sie in Mainz nicht ausreichend
statt und ist im Haushaltsentwurf nur mit 500.000 Euro bedacht. Dabei fehlt
beispielsweise an Gymnasien die Schularbeit fast komplett. Eine Anfrage der
Linksfraktion hat ergeben, welche Investitionen notwendig wären, um
Schulsozialarbeit flächendeckend in Mainz zu etablieren: Aktuell werden ca. 130
Vollzeitäquivalente in Mainz benötigt. Daher beschließt der Stadtrat für
2023 und 2024 jeweils 10.000.000 Euro für die Schulsozialarbeit an Mainzer
Schulen.
3. Gute und günstige Mobilität ist
möglich – der Sommer hat es gezeigt
Das 9€-Ticket war für die Mainzer:innen
eine enorme finanzielle Entlastung in Zeiten der aktuellen und andauernden
Teuerungskrise. Zudem war eine leichte Entspannung der Verkehrssituation
erkennbar. Doch wegen einer 3-monatigen Aktionsphase ändern sich noch keine
Gewohnheiten und schaffen die wenigsten Menschen ihre Privatfahrzeuge ab.
Um dieses Ziel zu erreichen und die
Mainzer:innen ganz direkt an den Steuereinnahmen teilhaben zu lassen, fordern
wir, das 9€-Ticket durch einen Zuschuss weiterzuführen.
Werden die bisherigen ca. 60.000
Nutzenden des 9€-Tickets mit jeweils 40 Euro pro Monat beim Kauf eines
sogenannten Deutschlandtickets (für 49 Euro) bezuschusst, so ergibt sich daraus
ein Posten von 28.800.000 Euro pro Jahr. Weitere 2.000.000 Euro sollen
bereitgestellt werden, um für alle ca. 18.000 Mainzer Sozialticketberechtigten
weitere 9 Euro pro Monat vorzuhalten, sodass diese den ÖPNV zum Nulltarif
nutzen können. Insgesamt sind dafür pro Jahr 30.000.000 Euro in den Haushalt
einzustellen.
Selbstverständlich ist auch darauf zu
achten, dass die Beschäftigten im ÖPNV fair bezahlt werden. Der Ausbau der Bus-
und Bahnstrecken in den ländlichen Raum ist fortzuführen und die Taktung der
Fahrten zu erhöhen.
4. Fit für die Zukunft – nachhaltige
Investitionen in Klima- und Umweltschutz
a.
Die Klimakatastrophe macht nicht vor
den Toren unserer Stadt Halt. Daraus ergibt sich einerseits die
Herausforderung, sich an die Auswirkungen anzupassen, und andererseits, die
Klimaerhitzung nach all unseren Möglichkeiten zu begrenzen. Mainz hat mit dem
Masterplan 2.0 bereits einige sinnvolle Maßnahmen angestoßen, doch damit
Klimaschutz wirklich als Querschnittsaufgabe zwischen allen städtischen Ämtern
verstanden werden kann, Klimaschutzauflagen konsequenter kontrolliert werden
können, bereits begonnene Projekte schneller vorangetrieben werden und zudem
neue Maßnahmen entwickelt werden können, fehlt es noch an personeller
Ausstattung. Dafür sind 150.000 Euro in den Haushalt einzustellen.
b.
Um die Mainzer Pflanzenwelt, allem
voran die Bäume und Sträucher in der Mainzer Innenstadt, während Hitzeperioden
zu schützen, sind im Grün- und Umweltamt weiteres Personal sowie
Bewässerungsfahrzeuge und Gerätschaften für die Grünpflege dringend nötig. Hierfür
sind die Mittel um 20% zu erhöhen (5.000.000 Euro).
c.
Stark frequentierte Grünflächen, die
der Naherholung dienen, sind in den vergangenen Jahren häufig zu staubtrockenen
Sandwüsten verkommen. Hier reicht die gelegentliche Bewässerung durch ein
Fahrzeug nicht aus. Die Plätze (z. B. Frauenlobplatz, Goetheplatz,
Aufenthaltsflächen am Rheinufer) müssen mit Bewässerungssystemen ausgerüstet
werden. Hierfür sind 1.000.000 Euro im Haushalt einzuplanen.
5. Keine Profite mit der Miete! Platz
da für Kultur!
Die Stadt Mainz leidet darunter, dass
die Mieten ständig steigen. Die Versuche der Ampelregierung, den Wohnungsmarkt
zu bändigen, sind kläglich gescheitert. Mainz gehört jetzt schon zu den
teuersten Städten der Bundesrepublik und eine absehbare Erweiterung des
Biotechnologiestandorts wird dazu führen, dass sich die Wohnungsmarktlage durch
Zuzug von Gutverdienenden weiter verschärft. Daher muss die wohnungspolitische
Wende der Stadt mit der einmaligen Chance der neuen Haushaltsplanung
eingeleitet werden.
Mit dem Erwerb von Wohnungen ohne
Gewinnerzielungsabsicht können die Wohnungen dem Marktgeschehen entzogen
werden. Gleichbleibende Mieten garantieren, dass die Mietpreisspirale durch die
neuentstehenden Wohnungen nicht zusätzlich angeheizt wird. Will die Stadt also
kurz-, mittel- oder langfristig den Gebäudebestand der Wohnbau erhöhen, sollte
sie besser jetzt als in Zukunft in Immobilien investieren.
Rücklagen für schlechtere Zeiten zu
bilden ist vor diesem Hintergrund nicht notwendig. Selbst wenn die
Gewerbesteuereinnahmen mittelfristig einbrechen sollten, könnten die erworbenen
Grundstücke dann immer noch veräußert werden. Die Stadt steht dann jedenfalls
nicht schlechter da als bei einer Anlage am Kapitalmarkt. Im Haushalt 2023 und
im Haushalt 2024 werden jeweils 100 Millionen Euro für den Erwerb von
Grundstücken vorgesehen, auf denen sich hauptsächlich Wohnbebauung befinden
soll oder auf denen Geschosswohnungsbau betrieben werden kann.
Die Grundstücke können zum Beispiel der
Wohnbau Mainz GmbH zur Bewirtschaftung überlassen werden, wobei die Maßgabe
gilt, dass mit den gekauften oder zu errichtenden Wohnungen keine Gewinne erwirtschaftet
werden dürften. Aus den Mieteinnahmen, die nicht für Zins und Tilgung etwaiger
Baudarlehen sowie laufende Kosten aufgebraucht werden, dürfen Instandhaltungs-
und Investitionsrücklagen gebildet werden. Sofern nach Amortisation mit den
Mieteinnahmen Überschüsse erwirtschaftet werden, dürfen diese zweckgebunden zum
Erwerb von Grund und Boden, zum Zweck der Errichtung von Wohnungen oder zum
Erwerb von Geschosswohnungsgebäuden verwendet werden. Die aus den
zweckgebundenen Geldern erworbenen Immobilien sind nach den vorigen Grundsätzen
zu bewirtschaften. Erfolgt trotz Überschüssen aus Mieteinnahmen keine
Investitionstätigkeit, müssen Mietminderungen durchgeführt werden. So kann in
Mainz ein Mietmarkt entstehen, der es Menschen mit durchschnittlichen Einkommen
ermöglicht, in Mainz zu bleiben oder nach Mainz zu kommen. Die Vertreibung von
Menschen mit kleinem Geldbeutel muss gestoppt werden.
In Mainz fehlt es an Räumlichkeiten für
bildende Künstler:innen und Musiker:innen. Es fehlt an Ateliers, Proberäumen,
Ausstellungs- und Auftrittsmöglichkeiten.
Andererseits gibt es beispielsweise die
Dragonerkaserne: Sie steht seit mehreren Jahren leer, wird zunehmend baufällig
und ist denkmalschützenswert (s. AZ vom 14.11.2022). Sie steht in einem Gebiet,
das von der Eisenbahnschiene, zwei Busdepots bzw. -parkplätzen und gewerblicher
Nutzung umgrenzt ist. Neben dem vorhandenen Gebäude gehört noch eine große
Freifläche zu der Immobilie, die Platz für Erweiterungen und Open
Air-Veranstaltungen lässt. Das Gebäude ist zur Einrichtung eines größeren
Veranstaltungsraumes sowie Proberäume und Ateliers geeignet. Somit kann die
Stadt Mainz zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wenn sie das Gelände
erwirbt: Sie kann die schützenswerte Immobilie retten und Platz für
Künstler:innen schaffen.
Sollte der Erwerb der Dragonerkaserne
nicht möglich sein, kann das Geld für eine andere Fläche/eine andere Immobilie
eingesetzt werden.
6. Niemand wird zurückgelassen –
Fallkonferenzen und Behandlungsfonds für Kranke in Not
Deutschland leidet unter einer
Klassenmedizin. Neben den gewaltigen Unterschieden zwischen Privat- und
Kassenpatient:innen gibt es noch diejenigen, die komplett durch das Raster
fallen und gar keine Krankenversicherung haben. Dies kann aus den
unterschiedlichsten Gründen geschehen. Zum Beispiel geraten Haftentlassene oder
Selbstständige schnell ins Krankenkassenabseits. Die Landeshauptstadt soll
daher sogenannte Fallkonferenzen schaffen, in denen entsprechende Fälle von
Menschen ohne Krankenversicherung mit den verschiedenen zuständigen Trägern
diskutiert, und Lösungen gefunden werden können. Finanziell kann die Schaffung
von einem Behandlungsfonds sogar eine Entlastung für die Stadt bedeuten, da
viele schwere und chronische Krankheitsverläufe und Notfälle, die bisher schon vom
Sozialamt bezahlt werden, durch Maßnahmen zur Vorbeugung, frühen Diagnostik und
Behandlung verhindert werden können. Ein ähnliches Modell ist in der
Bundesstadt Bonn vorzufinden. Dort belaufen sich die jährlichen Kosten auf ca.
300.000 Euro. Mainz dürfte aufgrund einer geringeren Einwohner:innenzahl
weniger Mittel benötigen. Nichtsdestotrotz muss Geld in die Hand genommen
werden, damit niemand zurückgelassen wird. Gesundheit ist ein Menschenrecht und
dies sollte auch in Mainz vorgelebt werden.
Die Stadt beschließt 200.000 Euro für
die Schaffung und Durchführung von regionalen Fallkonferenzen sowie zur
Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung