Betreff
Heim- und Pflegekindern ein selbständiges und verantwortungsvolles Leben ermöglichen - Kostenbeitrag abschaffen (FDP)
Vorlage
1727/2019
Art
Antrag (Stadtrat)
Untergeordnete Vorlage(n)

Begründung:

Pflegefamilien leisten einen hohen gesellschaftlichen Beitrag. Kinder und Jugendliche, die nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern leben können oder wollen, erhalten in diesen Familien ein sicheres Zuhause und Perspektiven für ihr weiteres Leben. Für diese Leistungen erhalten Pflegeeltern nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) einen Pauschalbetrag, der sowohl das Alter des Pflegekindes als auch die Kosten für Sachaufwand, Pflege und Erziehung miteinbezieht.

 

Des Weiteren schreibt das SGB VI 11 vor, dass Kinder und Jugendliche, die über die

Jugendhilfe voll- oder teilstationär untergebracht sind, eine Beteiligung an den Kosten der Jugendhilfe zu entrichten haben. Für die Kostenerstattung werden die leiblichen Eltern, wenn es finanziell möglich ist, herangezogen.

 

Verdienen Jugendliche ein eigenes Einkommen werden sie selbst nach Paragraph 94 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zur Kostenerstattung herangezogen. Diese Regelung betrifft gleichermaßen Pflegekinder, wie auch junge Menschen, die in der Heimerziehung leben.

Dabei müssen Jugendliche bis zu 75 Prozent ihres Nettoeinkommens, welches sie im

Rahmen ihrer Ausbildung oder eines Nebenjobs verdienen, an das Jugendamt zahlen.

Junge Menschen lernen mit der Aufnahme einer Ausbildung oder einer anderen Tätigkeit Eigenverantwortung für sich und die eigene Zukunft zu übernehmen. Mit dieser Regelung und einem Verbleib von nur 25 Prozent des Nettogehaltes wird der Anreiz zur Selbständigkeit erheblich verringert.

 

Auch die Senkung des Kostenbeitrages aufgrund einer sozialen oder kulturellen Tätigkeit nach Paragraph 94 Absatz 6 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) wird der Situation der Kinder und Jugendlichen nicht gerecht. Es gibt keinen einheitlichen Katalog für die Kategorisierung jener Tätigkeiten, die unter Paragraph 94 Absatz 6 SGB VIII fallen. Somit kommt es zu erheblichen Unterschieden bei der Bewertung. Außerdem führt die Einzelfallprüfung zu einem erheblichen Bürokratieaufwand.

 

Das Elternhaus oder die Lebenssituation eines jungen Menschen darf nicht bestimmen, welche Chancen ein Mensch im Leben hat. Wer arbeitet, muss auch die Chance bekommen, davon selbständig leben zu können. Die Praxis der Anrechnung von Arbeitslohn auf soziale Leistungen ist unsozial und leistungsfeindlich. Leistung und Engagement dürfen nicht durch die Heranziehung eines Kostenbeitrages von bis zu 75 Prozent bestraft werden.