Betreff
Überwachung des fließenden Verkehrs durch Kommunalpolizei (DIE LINKE.)
Vorlage
1192/2010
Aktenzeichen
2010-4
Art
Antrag (Stadtrat)

Begründung:

 

Begründung:

 

Die Übertragung dieser Aufgaben an die Kommunen stellt einen Eingriff in die für eine glaubwürdige Demokratie notwendige Gewaltenteilung dar. Diese wäre im vorgesehenen Modell der Verkehrsüberwachung außer Kraft gesetzt: Die Stadt bestimmt, wann und wo Geschwindigkeitsbeschränkungen bestehen sollen, handelt hier quasi als gesetzgebende Gewalt. Die Stadt stellt Personal und die notwendige Technik für die Überwachung, wirkt als ausführende, exekutive Gewalt und die Stadt befindet über das Rechtsamt über die Einsprüche der Kontrollierten und wirkt als rechtsprechende, judikative Gewalt.

 

Dieser Entwicklung, wie sie schon beim ruhenden Verkehr praktiziert und im Nachhinein aus polizeilicher Sicht als Fehler benannt wird, muss Einhalt geboten werden, um einen weiteren Vertrauensverlust in das demokratische System zu vermeiden.

 

Eine Stadtverwaltung, die ihre Mitmenschen durch ständig wachsende Reglements, Verbote, Kontrollen im Zaum zu halten versucht, hat ihre demokratische Daseinsberechtigung verwirkt. Bürgernähe zu schaffen, die notwendigen Dienstleistungen vorzuhalten, für und mit den Menschen zu gestalten, das sind die Aufgaben einer vertrauenswürdigen Verwaltung. Restriktionen bewirken das Gegenteil. DIE LINKE wird solche Tendenzen nicht unterstützen. Sie widersprechen dem Auftrag den Menschen zu dienen. Die hier zur Abstimmung anstehende Einführung der Kommunalpolizei bedeutet nicht dienen, sondern verdienen, die Leute abzocken, um den aus der verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik der vergangenen Jahre gewachsenen Schuldenberg auf Kosten anderer abzutragen.

 

Das Argument, wegen „der seit Jahren steigenden Anzahl von Kraftfahrzeugen sowie der durch nicht angepasste und überhöhte Fahrgeschwindigkeiten ausgehenden Gefahren“ mehr Verkehrssicherheit schaffen zu müssen, ist fadenscheinig und an den Haaren herbeigezogen. In den letzten 5 Jahren sind in Mainz die Unfallzahlen infolge überhöhter Geschwindigkeit um 25 % gesunken, beim reinen Pkw-Verkehr um 26 %. Die Überführung der Überwachungsaufgabe an die Kommunen beraubt unsere Polizei eines wichtigen Ermittlungswerkzeuges. Sie schafft nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.

 

Weder Gefährdungsanalysen noch ermittlungs- und verwaltungstechnische Abläufe können von den Kommunen so professionell, objektiv, sachdienlich und effizient bewerkstelligt werden wie von der Schutzpolizei des Landes Rheinland-Pfalz. Unzureichende Beweisführungen (ohne Anhaltekontrollen) werden eine Flut von Verfahrenseinstellungen zur Folge haben. Sämtliche auswärtigen Anzeigen gegen Kfz-Halterinnen und -Halter werden nicht mehr von der Polizei, sondern dem Ordnungsamt zu bearbeiten sein. Optionskommunen wie Kaiserslautern und Ludwigshafen erleben schon heute Zuständigkeitswirrwarr und Verwaltungsmehraufwand, wenn aus den Verfahren neuerliche Ermittlungen notwendig werden. Die eindeutige Fahreridentifizierung ist nur durch eine begleitende Anhaltekontrolle, welche auch eine erzieherische Funktion erfüllt, möglich. Die Eingriffs- und Vollzugsrechte stehen alleine den Vollzugsbeamtinnen und –beamten der Landesbehörde zu. Dafür sind sie lange ausgebildet worden.

 

Wir müssen endlich begreifen, dass mit der Übernahme dieser Aufgaben ein weiterer Vertrauensverlust in der Bevölkerung gegenüber dem Stadtrat und der Verwaltung einhergehen wird. Schon heute ist eine deutliche Abkehr, nicht nur der Mainzerinnen und Mainzer, von dieser Stadt zu verzeichnen, verfolgt man die Kommentare der aufgebrachten Mitmenschen. Eine Entscheidung für die Abzocke zerstört das Bild einer weltoffenen, menschenfreundlichen Stadt, zerstört den gerade für Mainz so typischen Charme des Laissez-faire, welcher unsere Stadt weit über die Grenzen hinaus so lebens- und liebenswert gemacht hat.

 

Es gibt Alternativen: Bekanntlich sind bauliche Maßnahmen bestens geeignet ohne großen Verfolgungsdruck verkehrsberuhigend einzuwirken. Überlassen wir die Aufgabe denen, die davon was verstehen, der Schutzpolizei des Landes. Überzeugen wir die Landesregierung, dass die Einnahmen aus deren Überwachungstätigkeiten den Kommunen zugute kommen.

 

Ergänzende Begründung erfolgt mündlich.