Betreff
Partnerschaftliche Baulandbereitstellung - Infrastrukturbeitrag und Wohnraumförderung;
Beteiligung Planungsbegünstigter an den Kosten der Infrastruktur und Festsetzung eines Anteils von gefördertem Wohnungsbau über einen städtebaulichen Vertrag

- Infrastrukturbeitrag: Fortschreibung und Anpassung des Grundsatzbeschlusstextes vom
3. Dezember 2014
- Wohnraumförderung: Anpassung des Grundsatzbeschlusstextes vom 3. Dezember 2014
und Ergänzung um die Förderung von selbstgenutztem Wohneige
Vorlage
0866/2020/2
Aktenzeichen
60/62 68 02 und 50/64 20 01
Art
Beschlussvorlage Stadtrat
Referenzvorlage

TEIL A - Infrastrukturbeitrag

·           Die Stadt Mainz wird für die Neuerschließung von Bauland oder die werterhöhende Umnutzung bestehender baulicher oder anderweitig genutzter Bereiche grundsätzlich nur noch dann Planungsrecht schaffen, wenn alle begünstigten Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer sich in einem städtebaulichen Vertrag verpflichten, über die gesetzlich oder per Satzung geregelten Beiträge, Kostenerstattungsbeträge oder Umlagen hinaus, einen weiteren Beitrag zum Ausbau der mit dem Plangebiet zusammenhängenden Infrastruktur (z. B. Kitas, Schulen, Spielplätze) zu leisten. Davon ausgenommen sind Bebauungspläne für die bereits eine Bodenordnung, jedoch mittelfristig keine Erschließung, stattgefunden hat und demzufolge eine Neuplanung durchgeführt wird, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen nach § 136 ff Baugesetzbuch (BauGB), städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen nach § 165 ff BauGB, Fälle in denen bereits durch einen bestehenden Bebauungsplan oder nach § 34 BauGB ein Baurecht besteht oder Sonderfälle aufgrund eines Einzelbeschlusses des Stadtrates.
Zu Beginn des Planverfahrens sollen die Planungsbegünstigten im Rahmen einer Grundzustimmung die Bereitschaft zur Teilnahme an der Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung erklären.

 

·           Der Beitrag zur Infrastruktur wird grundsätzlich bei Neuerschließungen mit 15 % des Planungszugewinnes zwischen Ackerland und Rohbauland angesetzt, bzw. mit 15 % des Mehrwertes gegenüber der bisherigen Nutzbarkeit unter Berücksichtigung der kalkulierten grundstücksbezogenen Aufwendungen für die künftige Nutzung, wie z. B. Abrisse. Der Beitrag kann in Geld, in Ausnahmefällen in Form von Landbereitstellung oder in Bauleistungen erbracht werden. Sofern eine Eigentümerin oder ein Eigentümer Leistungen erbringt, die der Stadt Mainz aus der Planung resultierende gebietsbezogene Kosten erspart, kann von der Beitragshöhe 15 % abgewichen werden.

·           Die Umsetzung erfolgt im Rahmen eines erforderlichen Bodenordnungsverfahrens oder eines städtebaulichen Vertrages.

 

·           Wird durch eine bauliche oder sonstige Umnutzung noch benötigte Infrastruktur zerstört, so ist diese in geeigneter Weise mittels vertraglicher Regelung unabhängig vom Infrastrukturbeitrag zu ersetzen.

 

·           Es wird eine befristete Stelle bis 31.12.2023 in Vollzeit mit der Eingruppierung Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif) im Stellenplan des Bauamtes (Amt 60), Abteilung Verwaltung aufgenommen.

 

TEIL B - Wohnraumförderung

·           In allen Planungsgebieten mit Wohnungsbau ist ab einer Bebauung von 10 Wohneinheiten/Grundstück ein Anteil von rund einem Drittel geförderter Wohnungsbau mittels vorhabenbezogenen oder städtebaulichen Vertrags sicher zu stellen.

 

Es wird eine unbefristete Stelle in Vollzeit mit der Eingruppierung Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif) im Stellenplan des Amtes für soziale Leistungen (Amt 50), Abteilung Allgemeine Hilfen, Sachgebiet Wohnraumförderung aufgenommen. 

 

Sachverhalt

 

Mainz gehört zu den wachsenden Städten in Deutschland und ist weit davon entfernt demografisch zu schrumpfen. Als Oberzentrum und Schwarmstadt erfährt Mainz in den letzten Jahren einen stetigen Zuwachs von Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Stadt profitiert als bedeutender Hochschul- und Medienstandort insbesondere durch überregionale Zuwanderungen, sodass zumindest von einer mittelfristigen Verstetigung des Zuwanderungstrends auszugehen ist. Somit nimmt der Bedarf an Wohnraum kontinuierlich zu und erhöht den Druck auf den Wohnungsmarkt. Durch den Bindungsauslauf von sozial geförderten Mietwohnungen der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts verringert sich das Angebot an preisgünstigem Mietwohnraum. Daher hat der Stadtrat am 3. Dezember 2014 den Grundsatzbeschluss zur Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung (PBb) gefasst, um bei der Baurechtschaffung das Angebot durch vertraglich vereinbarte Förderquoten auszuweiten.

Zur prekären Situation im preisgünstigen Wohnungsmarkt kommt erschwerend hinzu, dass die kontinuierliche Steigerung der Verkaufspreise von Wohneigentum auf dem Mainzer Wohnungsmarkt ein Niveau erreicht hat, dass zunehmend Haushalte mit geringem bzw. mittlerem Einkommen, auch unter Zuhilfenahme von Wohnraumfördermitteln, Wohneigentum zur Selbstnutzung nicht mehr finanzieren können. Wenn nicht kommunal gegengesteuert wird, besteht die Gefahr, dass Haushalte mit dem Wunsch nach Wohneigentum ins Umland abwandern.

 

Aufgrund der Entwicklungen auf dem Mainzer Wohnungsmarkt und nach nunmehr rund fünf Jahren Erfahrung in der praktischen Durchführung der Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung ist eine Nachjustierung sinnvoll. Diese bezieht sich vornehmlich auf Präzisierungen im Beschlusstext, die Aufnahme der in der Praxis bewährten Grundzustimmung, die Ergänzung um eine Baukostenobergrenze und die Anpassung an Vorgaben der Landesförderung in der Komponente Wohnraumförderung

 

Lösung

 

Teil A - Infrastrukturbeitrag:

 

                    Die Aufnahme des Ausnahmefalles städtebauliche Sanierungsmaßnahme dient der Präzisierung des Beschlusstextes. Ebenso die Ergänzung um die Ausnahmefälle, in denen bereits ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan zugrunde liegt oder die Möglichkeit des bestehenden Baurechts nach § 34 BauGB, da bei beiden das „Koppelungsverbot“ nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB zum Tragen kommen würde.

 

                    In der Praxis hat es sich bewährt zu Beginn des Planungsverfahrens von den Planungsbegünstigten eine schriftliche Zusicherung zur Teilnahme an der Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung zu erhalten. Eine rechtliche Verbindlichkeit kann daraus noch nicht abgeleitet werden, da zu diesem Zeitpunkt z. B. die Höhe des Infrastrukturbeitrages noch nicht hinreichend bekannt ist.    

                    Dennoch ist diese Grundzustimmung ein erster Verfahrensschritt, in dem signalisiert wird, dass man zur Kostenübernahme sowie zur Übernahme der Regelungen betreffend die „Wohnraumförderung“ (siehe unten ‚Teil B‘) bereit ist und sich gleichzeitig verpflichtet, einen diesbezüglichen städtebaulichen Vertrag vor dem Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes abzuschließen bzw. entsprechende Leistungen im Rahmen eines Umlegungsverfahrens zu erbringen. 

                    Die Grundzustimmung, welche auch von anderen Kommunen mit ähnlichen Beteiligungsmodellen an der Baulandentwicklung angewandt wird, sollte daher auch im Grundsatzbeschluss enthalten sein.

 

                    Sofern ein Planungsgewinn dadurch geschmälert wird, dass für eine vorgesehene neue Nutzung ein Grundstück freizustellen ist (z. B. durch Gebäudeabbrüche oder Altlastenentsorgung) können in solchen Fällen die hierfür kalkulierten Kosten bei der Ermittlung der Höhe des zu leistenden Infrastrukturbeitrages dämpfend angerechnet werden.         

 

                    Mit der Schaffung einer Vollzeitstelle Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif) soll die Stadtverwaltung in die Lage versetzt werden, die o.g. Aufgaben umzusetzen.

 

 

 

 

Teil B - Wohnraumförderung:

 

Um die Versorgungssicherheit der Mainzer Bevölkerung mit bezahlbarem und preisgünstigem Wohnraum zu verbessern hat die Stadtverwaltung auf der Grundlage des vorliegenden kommunalen Wohnraumversorgungskonzepts die Verwaltungsvorlage zur Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung (BV 0374/2014) Stadtrat in seiner Sitzung am 03.12.2014 zur Beschlussfassung vorgelegt. Gemäß der Beschlussvorlage wurde empfohlen, einen Mindestanteil an gefördertem Mietwohnungsbau in Bebauungsplänen festzusetzen. Dieser Beschluss wird nunmehr um die Förderung der Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum ergänzt. Daher soll nachfolgende Regelung zukünftig Anwendung finden:

 

In allen Planungsgebieten mit Wohnungsbau ist ein Anteil von rund einem Drittel geförderter Wohnungsbau ab einer Bebauung von 10 Wohneinheiten/Grundstück (somit werden private Bauherren von Eigenheimen in der Regel nicht erfasst) mittels eines vorhabenbezogenen oder städtebaulichen Vertrages sicher zu stellen.

 

Vorrangiges städtisches Planungsziel soll der Geschosswohnungsbau sein. In städtebaulich begründeten Fällen kann der geforderte Anteil auch in Ein- und Zweifamilienhäusern oder in neuen Wohnformen erfolgen. Wird das Planungsgebiet gesamtwirtschaftlich bebaut und vermarktet bezieht sich die Mindestanzahl von 10 WE auf das Gesamtplanungsgebiet.

 

I.  Förderung des Neubaus von Mietwohnraum

 

Eine Umsetzung des zu erbringenden Anteils kann jeweils erfolgen durch

                    Inanspruchnahme der Fördermittel für den Neubau von Mietwohnungen im Rahmen des jeweils gültigen Mietwohnungsbauprogramms des Landes Rheinland-Pfalz,

                    und/oder

                    Bindungsübertragung des geforderten Anteils auf freie Bestandswohnungen des Investors im Stadtgebiet Mainz. Hierbei sind die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen und/oder die entsprechenden städtischen Beschlüsse zwingend maßgebend.

 

                    II. Förderung der Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum

 

                    Bei der Realisierung des Wohnungsbaus ist der geforderte Anteil in der nachfolgend beschriebenen Weise einer Bindung zwecks Förderung der Eigentumsbildung zuzuführen.

 

                    Der Verkaufspreis ist gemäß folgender Regelungen der Höhe nach zu begrenzen:

 

                    Die Höhe des Verkaufspreises pro Wohneinheit setzt sich zusammen aus den Baukosten und den Kosten des Baugrundstücks im Sinne von § 5, sowie der Anlage zu § 5 Abs. 5 der jeweils gültigen Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung -II. BV-). Im Verkaufspreis müssen die Kosten für die Herstellung eines PKW-Stellplatzes enthalten sein.

                    Die dem Verkaufspreis zugrunde gelegten Baukosten dürfen die maßgebende Baukostenobergrenze für Wohnungen im Geschosswohnungsbau von derzeit 3.000 EUR/m² Wohnfläche und für Eigenheime von 2.600 EUR/m² Wohnfläche nicht überschreiten.

                    Eine Überschreitung der maßgebenden Baukostenobergrenze wird in nachgewiesener Höhe, jedoch höchstens bis zu 15.000 EUR pro Wohnung zugelassen, wenn der erhöhte Bauaufwand durch die Anpassung einer Wohnung an die Bedürfnisse einer Schwerbehinderung entsteht.

                    Die dem Verkaufspreis zugrunde gelegten Kosten des Baugrundstücks dürfen den festgelegten Bodenrichtwert bzw. gutachterlich ermittelten Wert des Grundstücks nicht überschreiten.

 

Bei der Errichtung der Wohneinheiten sind die vorab mit der Wohnraumförderung abgestimmten Mindeststandards der Bau- und Leistungsbeschreibung einzuhalten. Im Bedarfsfall kann die Wohnraumförderstelle einen Mix an Wohnungsgrößen und Zimmeranzahl festlegen.

 

Die Wohneinheiten dürfen nur an Haushalte verkauft werden, die den Förderkriterien des jeweils gültigen Eigentumsförderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz entsprechen. Der Nachweis ist durch Vorlage einer gültigen Förderbestätigung zu erbringen. Die Wohnraumförderung der Stadt Mainz ist für die Ausstellung der vorgenannten Bestätigung zuständig.

 

Um zu gewährleisten, dass die vorgenannten Wohnungen für eine angemessene Dauer dem begünstigten Erwerberkreis zu den vorgenannten Bedingungen zur Verfügung stehen, erhält die Stadt für die Dauer von 15 Jahren ein Vorkaufsrecht an den preisgebundenen Wohnungen. Das Vorkaufsrecht ist durch Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch zu sichern. Das Vorkaufsrecht kann innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Kaufvertrags schriftlich gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die Stadt verpflichtet sich, dieses Vorkaufsrecht nicht auszuüben, wenn die Wohnungen zu den unter den vorgenannten Bedingungen veräußert werden. Übt die Stadt Mainz das Vorkaufsrecht aus, hat sie lediglich den sich aus der Preisbegrenzung ergebenden Kaufpreis zu zahlen. In den Kaufverträgen ist über die preisgebundenen Wohnungen mit den Erwerbern das Vorkaufsrecht zugunsten der Stadt zu den vorgenannten Bedingungen zu vereinbaren. Die Erwerber sind außerdem für den Fall der Weiterveräußerung der Wohnungen zu verpflichten, der Stadt das Vorkaufsrecht zu denselben Bedingungen einzuräumen.

 

Die Baukostenobergrenze soll einer regelmäßigen Plausibilitätsprüfung unterliegen und ist alle zwei Jahre auf ihre Funktionsweise im Hinblick auf gestiegene Baukosten, Entwicklung des Kapitalmarktes, Änderungen in der Landesförderung sowie Anpassungen bei der gesetzlichen Einkommensgrenze zu überprüfen. Die zuständige Verwaltungsstelle wird ermächtigt im Bedarfsfall die Werte zu den Baukostenobergrenzen in ihrer Höhe ohne zusätzlichen Stadtratsbeschluss im Sinne des Förderzwecks anzupassen. Weitere Abweichungen, insbesondere von der Höhe des Förderanteils sind nur durch eine Ausnahmeentscheidung des Stadtrates möglich.

 

Aufgrund der dynamischen Entwicklungen auf dem Mainzer Wohnungsmarkt ist es bei der praktischen Durchführung der Partnerschaftlichen Baulandbereitstellung zu erheblichen Arbeitsverdichtungen gekommen. Mit Einführung der Baukostendeckelung ist davon auszugehen, dass es im Bereich der Wohnraumförderung zu weiteren Mehraufwänden kommt und daher zusätzliche personelle Ressourcen benötigt werden. Mit der Schaffung einer Vollzeitstelle, Eingruppierung Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif), soll die Stadtverwaltung in die Lage versetzt werden, die o. g. Aufgaben der Wohnraumförderung umzusetzen.

 

Alternativen

 

Sofern der Grundsatzbeschluss nicht aufgrund der bisherigen Praxiserfahrungen fortgeschrieben und ergänzt wird, gelten die derzeitigen Festlegungen weiter und schränken insbesondere die Möglichkeiten der Wohnraumförderung ein. Eine zusätzliche Stelle für den Fachbereich Wohnraumförderung wird nicht eingerichtet.

 

Analyse und Bewertung geschlechterspezifischer Folgen

 

Aus der Fortschreibung und Ergänzung des Grundsatzbeschlusses ergeben sich keine geschlechterspezifischen Folgen.

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Im Amt für soziale Leistungen (Amt 50), Abteilung Allgemeine Hilfen, Sachgebiet Wohnraumförderung (Kostenstelle 3135) wurde zum Stellenplan 2021/2022 eine Stelle in Vollzeit, Eingruppierung Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif) angemeldet.

 

Die Personalkosten hierfür belaufen sich auf 71.546 € jährlich.

 

Im Bauamt (Amt 60), Abteilung Verwaltung (Kostenstelle 2810) wurde zum Stellenplan 2021/2022 eine Stelle in Vollzeit, Eingruppierung Egr. 10 TVöD (Ingenieurtarif), befristet bis 31.12.2023 angemeldet.

 

Die Personalkosten hierfür belaufen sich auf 71.546 € jährlich.