Begründung:
Bezug nehmend auf eine Empfehlung des
Deutschen Städtetags hin, sollte sich die Stadt Mainz eingehend damit
beschäftigen, wie die Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels geschützt
werden kann. Statt der bislang im Klimaschutzbeirat praktizierten
Einzelbetrachtung verschiedener Aspekte, sollte anhand konkreter
Fragestellungen eine übergreifende Gesamtstrategie erarbeitet werden.
Selbst wenn es gelingt, das Ziel, die
Erwärmung bei einer Erhöhung um 2°C zu
stoppen, werden auch in Deutschland die ökologischen, ökonomischen und sozialen
Folgen des Klimawandels in Zukunft immer stärker zu spüren sein. Bereits seit
einigen Jahren erhöhen vermehrt auftretende sommerliche Hitzewellen, die mit
Dürre, Wasserknappheit und Waldbrandgefahr einhergehen sowie Wetterextreme, die
Hochwasser- und Sturmschäden mit sich bringen, den Anpassungsdruck auf Mensch
und Natur.
Die hohe bauliche Dichte einer modernen
Stadt trägt zwar zur Reduktion von klimarelevanten Emissionen bei (durch kurze
Verkehrswege, geringen Flächenverbrauch, etc.) Sie bedeutet aber gleichzeitig
hohe Schadensfolgen für Menschen, Tiere, Pflanzen, Sachvermögen als auch für
die Betriebsfähigkeit von Infrastrukturnetzen durch extreme
Witterungsereignisse und weist geringere „Anpassungs“-Potenziale auf.
Erhöhungen mittlerer Tagestemperaturen oder häufige Hitzewellen stellen
erhebliche gesundheitliche Belastungen für Menschen sogar mit potenzieller
Todesfolge dar. Für die nächsten Jahrzehnte werden immer häufiger Ereignisse
wie z.B. die 14-tägige Hitzewelle in 2003 erwartet, die laut einer von der EU
finanzierten Studie insgesamt 70.000 Menschen in 12 europäischen Städten das
Leben kostete. In Städten sind diese Auswirkungen nicht nur wegen der höheren
Bevölkerungsdichte, sondern auch wegen der dichteren Bebauung und damit
besonders starken Ausprägung des Wärmeinseleffektes besonders hoch.
Eine nächtliche Wärmespeicherung durch
Baumassen und fehlende Grüngürtel beeinträchtigt notwendige physische und in
der Folge auch psychische Entlastungszustände. Überwiegend versiegelte und
wenig begrünte Flächen, wärmespeichernde und wärmereflektierende Fassaden und dazu
die Abwärme von Klimaanlagen schaffen Stadträume, die im Sommer die Atmosphäre
von Backöfen verbreiten. Große zusammenhängende steinerne Flächen, die ohne
Schatten der prallen Sonne ausgesetzt sind,
können an der Oberfläche Temperaturen von 60 bis 70 Grad erreichen. Sie
speichern außerdem die Wärme in der Nacht, wenn ungenügende Frischluftschneisen
und mangelnde Kaltluftentstehungsgebiete eine ausreichende nächtliche Abkühlung
verhindern.
Infrastrukturnetze – insbesondere die
der Entsorgung – erfordern bei Starkregenereignissen ausreichende Rückhalte-
und Staumöglichkeiten unter- und oberirdischer Art ebenso wie natürliche
Retentionsräume. Die Verletzlichkeit von Netzinfrastrukturen der Entwässerung,
aber auch der Versorgung und des Verkehrs wird im Falle des Nichthandelns zu
einer Achillesferse der Stadt. Als Beispiel sei ein Starkregenereignis in
Kopenhagen aufgeführt. Am 2. Juli 2011 gingen innerhalb von zwei Stunden mehr
als 150mm Regen nieder. Allein die Versicherungsschäden wurden auf 650-700 Mio.
Euro geschätzt.
Verhinderung bzw. Beseitigung von
Hitzeinseln in der Innenstadt, die als Aufenthaltsräume nicht mehr angenommen
werden und vielmehr die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Bewohner als
auch der Arbeitnehmer negativ beeinflussen,
die Schaffung ausreichender Frischluftkorridore und insbesondere
Kaltluftentstehungsbereiche, städtebauliche Planungen, die hinreichend
Grünflächen mit großen Bäumen vorsehen, Maßnahmen zum Schutz
überschwemmungsgefährdeter und grundwassernaher Stadtbereiche, Anpassung der
Netzinfrastruktur, Maßnahmen zum Schutz besonders gefährdeter
Bevölkerungsgruppen, z.B. bei der Planung und Positionierung von Pflegeheimen,
als auch die Koordination von Klimaschutz im Sinne von Vermeidung
klimarelevanter Emissionen und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels
sind nur einige der Themen, die auf der Agenda des Klimaschutzbeirates stehen
sollten.
Da man eine Stadt nicht in wenigen
Jahren umbauen kann, muss Mainz sich schon frühzeitig auf die Folgen des
Klimawandels vorbereiten. Die Klimaanpassung berührt alle Belange einer
nachhaltigen Stadtentwicklung, so dass ganzheitliche Konzepte erforderlich
sind, die fester Bestandteil eines Masterplans werden müssen. Der Schutz des
Stadtklimas ist eine zentrale Zielsetzung, um gesunde Lebensbedingungen in der
Stadt zu sichern. Die Folgen des Nichthandelns werden weit schwerer wiegen als
die Kosten einer fürsorglichen Planung.
Es ist daher ein Gebot der langfristig
angelegten, planerischen Vorsorge, die physische Infrastruktur schon jetzt an
die langfristigen Folgen des Klimawandels anzupassen. Das Gesetz zur Förderung
des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden vom 22. Juli
2011 (BGBl. I Nr. 39, vom 29. Juli 2011, S. 1509) sieht u.a. vor, dass „den
Erfordernissen des Klimaschutzes (…) sowohl durch Maßnahmen, die dem
Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den
Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden soll“.
Weitere Begründung erfolgt mündlich.